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Die Hornisse

 


Was ist mit der linken Presse los?, April 2005
Der Weltgeist lacht über den Zeitgeist, April 2005
Heuchelei gleich Meuchelei, März 2005
Woran stirbt der Kapitalismus, März 2005
Wer ist das?, Februar 2005
Die Narrenschaukel - Theater der unbotmässigen Heiterkeit; Jan. 2005
Was kommt nach Brecht?; Jan. 2005
Merkmale des modernen Welttheaters; 23. 2. 2004
Die Welt als Ganzes, von Anfang bis Ende; 20. 2. 2004
Theater der drei Ebenen; 1. 2. 2004
Der Urknall; 1. 2. 2004
Des Kaisers neue Kleider in Kunst und Literatur; 2003
Klartext oder mit Sandsäcken gegen den Kapitalismus; 6. 1. 2003



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Was ist mit der linken Presse los?
April 2005

Nichts! Im Folgenden eine kurze Charakterisierung einiger der wesentlichen linken „Organe“.

Zuerst die „Zeitschrift Marxistische Erneuerung Z.“. Heinz Jung hatte mich als Autor geworben. Nach seinem Tod übernahm Andre Leisewitz die Leitung und war zunächst sehr freundlich zu mir. Als er jedoch bei einer Konferenz in Hannover neben mir als Referent auftrat und mächtig hinten runter fiel, war der Kontakt weg. Und „marxistische Erneuerung“ ist der reine Hohn.

Die UZ lehnt es skrupellos ab, von mir oder über mich etwas zu drucken, so daß Armin Stolper, der etwas über mich bringen wollte, eine Ablehnung erhielt, wie er sie so dämlich noch nie erhalten hatte.

Den „Marxistischen Blättern“ ist eine Rezension von Robert Steigerwald über ein Buch von mir unauffindbar „verloren“ gegangen. Und andere Angebote von mir wurden abgelehnt.

Walter Flegel, der Herausgeber von „offensiv“, ist völlig dem Stalinismus verfallen und bringt Artikel, worin der Massenmörder Stalin gefeiert und zum Klassiker des Marxismus erhoben wird. Ein Massenmörder als führender Marxist! Kann man tiefer sinken? Und Peter Hacks hat sich unmißverständlich mit diesem Manne solidarisiert!

Der „Rotfuchs“ von Klaus Steiniger weiß nicht, was wirklicher Sozialismus ist und will es auch nicht wissen. Also lehnt er Artikel darüber ab. Dagegen feiert Steiniger seinerzeit den „Sieg“ Jugoslawiens über die USA. Unglaublich! Einen dümmeren Selbstbetrug gibt es nicht. Überdies ist er, zum Beispiel Hans Heinz Holz betreffend, dem Personenkult verfallen und lehnt eine Kritik, obwohl er sie scheinheilig gefordert hatte, brüsk ab. Steiniger ist, wie ich die rückwärtsgewandten „Realsozialisten“ nenne, ein „Altgläubiger“, mithin stur und intolerant bis zur Brutalität.

Ein weiteres Beispiel ist die „junge Welt“, die als die linkeste Zeitung gilt, was angesichts der Verbürgerlichung der linken Presse keine Kunst ist. Sie bringt wertvolle Artikel und Informationen, die keine andere Zeitung bringt. Andererseits ist sie die Attraktivität betreffend, antijournalistisch. Und das auch inhaltlich. Ihr fehlt die für guten Journalismus unentbehrliche Streitbarkeit. Beiträge, die das ND abgelehnt hat, lehnt auch sie ab. Artikel, die Streit auslösen könnten, werden mit spitzen Fingern angefasst. Klartext wird vermieden, da er darin besteht, dahin zu gehen und so weit, daß es weh tut. So bleiben die Stalinisten und andere Pseudosozialisten weitgehend ungeschoren. Konstruktive Vorschläge, die journalistische und politische Qualität zu verbessern, werden aus eitler Faulheit abgelehnt. Folglich erweitert die junge Welt nicht ihren Leserkreis und kommt nicht aus der ökonomischen Misere heraus. Die Redakteure können machen, was sie wollen, auch wenn sie nichts wollen. Die Zuverlässigkeit im Einhalten von Zusagen ist gelinde gesagt unseriös. Statt dessen übt sie wie alle linken „Organe“ nach alter SED-Tradition Zensur aus, das heißt nach wie vor zensurieren Sozialisten Sozialisten. Wissen unsere Redakteure nicht, in welcher Welt sie da gefangen sind? Daher werden meine Beiträge häufiger abgelehnt als gedruckt. Womit die junge Welt immer noch die einzige Zeitung ist, die mich druckt. Da ich mit Arnold Schölzel, dem Chefredakteur, befreundet bin, schmerzen mich die Schwächen der jungen Welt besonders und bin ich besonders auf sie eingegangen.

Ein langweiliges Problem ist das Neue Deutschland. Zu DDR-Zeiten sprach es mir Druckverbot aus mit der Formulierung: „Wir tolerieren Dich, aber wir propagieren Dich nicht.“ Umgekehrt wäre es mir lieber gewesen. Wegen meines ganzseitigen Artikels über den IV. Parteitag der PDS und die von ihm ausgelöste lebhafte Diskussion, was das ND noch nie erlebt hatte, wurden die beiden verantwortlichen Redakteuter geschasst und ein weiterer Artikel von mir wurde abgelehnt. Auf meine Frage, ob er andere Artikel von mir haben wolle, sagte Jürgen Reents: nein, keine! Das war mein zweites Druckverbot beim ND. Nach der Rücknahme meines Rauswurfs aus der PDS (ich hatte Gysi Eiterbeule genannt und Bisky Mehrwegflasche) fragte ich Reents, ob er mich jetzt wieder drucken würde. Er behauptete lügnerisch, daß er mich niemals generell abgelehnt habe, da er stets von Fall zu Fall entscheide. Also gab ich ihm Gelegenheit, mich von Fall zu Fall abzulehnen. So wurde ein Artikel von mir von Hanno Harnisch abgelehnt, von Frank Wehner jedoch zum Druck vorgesehen und von Reents verboten. Damit folgt das ND einer schmalen reformistischen Spur: Während seitenlang Momper und andere Antisozialisten gebracht werden, lehnt man den Sozialisten Branstner von Fall zu Fall ab. Also erfolgt ein drittes Druckverbot durch das ND. Wobei man im Unterschied zu UZ, zu „offensiv“ und „Rotfuchs“ Äußerungen über mich druckt, zum Beispiel Rezensionen.

Schließlich zur einzigen positiven Ausnahme, die von Stefan Pribnow herausgegebene „Kalaschnikow“. Das war und ist ein politisches Monatsmagazin, das fünf Jahre in gedruckter Form erschien, um seit 2005 im Internet fortzuexistieren und monatlich 10 000 Leser hat. Das besondere an der „Kalaschnikow“ ist, daß sie keine gesiebte Autorenschaft hat. Bei unverkennbar linker Konzeption kommen in ihr konsequente, also wirkliche Sozialisten wie ich ungehindert zu Wort, unverblümte Antistalinisten und Antireformisten. Aber als ungesiebte Autoren natürlich auch mal eine mehr oder weniger suspekte Erscheinung. Aber da ist Widerspruch, Meinungsstreit nicht nur möglich, sondern auch willkommen.

Diese Charakterisierung linker Periodika ist weder vollständig noch geht sie auf die historischen Kausalitäten ein. Aber sie ist ein evidenter Spiegel der Misere der Linken. Macht und Stimme haben nur die Stalinisten und die Reformisten. Die wirklichen Linken, die zwischen diesen Extremen herumirren, sind daher kaum zu erkennen, sowohl in ihrer Quantität wie in ihrer Qualität. Das waren sie schon im „realen Sozialismus“ nicht. Dagegen haben dort beide Extreme als Dogmatiker und Konvergenztheoretiker gewirkt und Arm in Arm den Sozialismus zugrunde gerichtet. Und heute tun sie nichts besseres.

Es gibt drei eherne Regeln des Journalismus:
   Ein Journalist, der keine Zeit hat, ist ein schlechter Journalist.
   Ein Journalist, der keinen Riecher hat, ist ein schlechter Journalist.
   Ein Journalist, der nicht zuverlässig ist, ist ein schlechter Journalist.
Diese drei Kriterien erfüllt nicht eine der vorgeführten Zeitungen und Zeitschriften.

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Der Weltgeist lacht über den Zeitgeist
April 2005

Betrachtungen zu dem Topossonderheft über Peter Hacks

Vorweg sei gesagt, dass die einzelnen Beiträge in diesem Heft, so ordentlich sie auch sind, im Ganzen Hacks nicht von der richtigen Seite packen. Hacks war ein Spiegel seiner Zeit. Ein höchst attraktiver, extremer Spiegel. Extrem in seiner Genialität, extrem aber auch in seinen primitiven, ja abstoßenden Irrungen. Um zu wissen, was für ein Spiegel Hacks war, muß man wissen, was er spiegelte. Und das wissen alle Autoren dieses Heftes nicht. Und auch Hacks wusste es nicht.
Er war ungewollt ein exklusives Medium. Deshalb zunächst eine wenn auch kurze Charakterisierung dieser Zeit.
1. Jede historisch relevante Erscheinung hat die entscheidende Ursache ihres Entstehens und Vergehens in sich selber. Das alte Römische Reich starb in sich und an sich 300 Jahre lang. Der Kapitalismus ist mehr als ein Reich. Wie lange stirbt er? In Unkenntnis dieses historischen Prozesses hoffen wir auf einen schnellen Tod, z.B. durch ökonomischen Kollaps oder per Revolution. Und wenn diese Hoffnungen verfliegen, sind wir zum Gotterbarmen hoffnungslos. Oder verirren uns, wie Hacks in andere Illusionen.
2. Der springende Punkt der ganzen Menschheitsgeschichte ist der Übergang von der Klassengesellschaft zum Sozialismus. Dieser Übergang entpuppt sich als großes historisches Dilemma, als Widerspruch zwischen Größe der historischen Aufgabe und Erbärmlichkeit der Voraussetzung, des von mehr als zweitausend Jahren Klassengesellschaft dermaßen verdorbenen Menschen, dass er zur Errichtung des Sozialismus unfähig ist. Daher sind mehrere Anläufe zum Sozialismus nötig, damit er die erforderlichen Voraussetzungen erwirbt. Von diesem historischen Dilemma hatte Hacks keinen Begriff.
3. Ohne die hunderttausende Folterknechte und die hunderttausende Henkersknechte und die Millionen dem Personenkult Erlegenen, hätte es keinen Stalin gegeben. Stalin, der Stalinismus und seine Bedingungen sind das lineare Produkt der Klassengesellschaft. Der Stalinismus des Sozialismus ist mithin pure Konterrevolution. Wie Lukacs in Bezug auf Nietzsche von einer indirekten Apologetik des Imperialismus spricht, so muß man in Bezug auf Stalin von einer indirekten Konterrevolution sprechen. Die äußere Vorgabe, Sozialismus zu machen, diente nur der Kastration des Sozialismus (der Ermordung des leninschen Zentralkommites, der Ermordung der Spitzen der Armeeführung, der Verhaftung oder Ermordung großer Teile der Künstler, der Paralysierung der Wissenschaften und der Wirtschaft). Und der Demoralisierung der Partei, ohne die ein Gorbatschow nicht möglich gewesen wäre (der übrigens, wie vor dem Chruschtschow, die Methoden des Stalinismus weitgehend beibehalten hat).
Die Auffassungen Hacks, dass Stalin die Rettung vor Gorbatschow gewesen wäre, ist ein völliger Blödsinn. Stalin wäre nicht die Rettung gewesen, er war die Ursache Gorbatschows.
4. Nach dem Niedergang des „realen Sozialismus“ setzten sich die zwei in ihm bereits wirksam gewesenen Elemente fort. Die Konvergenztheoretiker entpuppten sich als Reformisten, die den Kapitalismus als reformierbar ausgeben, um sich den Einsatz für den Sozialismus zu sparen, weshalb sie zu recht als Madenhacker des Kapitalismus gelten. Und die Stalinisten, die ich „Altgläubige“ nenne, die ob mit oder ohne Stalin, sich keinen anderen Sozialismus als den gescheiterten Sozialismus vorstellen können. Beide Seiten sind scheinbare Gegensätze, im Grunde jedoch Produkte der Klassengesellschaft und mithin in letzter Konsequenz bürgerlich. So peinlich wie grotesk, dass Hacks darauf hereingefallen ist und mit den versteckten Stalinisten wie Frank Flegel (Herausgeber von „offensiv“, Klaus Steiniger (Herausgeber von „Rotfuchs“) und Kurt Gossweiler Arm in Arm die indirekte Konterrevolution ein zweites Mal auflegen will.
Ohne diesen Begriff von Hacks als Medium seiner Zeit und das wirkliche Begreifen dieser Zeit hat es keinen Sinn, über Hacks urteilen zu wollen. Hacks war ein Gefangener des Zeitgeistes worüber der Weltgeist nur lachen kann.
Aber: Ist ein Mensch nicht einfach, so nimm ihn eben zweifach.
Hacks ist, in seinem historischen Verstand, eine brilliante Null.
Er ist aber auch ein brillianter Literat und kann zu recht als Klassiker genommen werden.

Im Folgenden einige kurze Anmerkungen zu den einzelnen Beiträgen.
Heidi Urbahn behandelt die Balladen und weiß bei aller Überschätzung immerhin zu sagen: „Es bleibt ein Überhang an Geist, wie ja auch ... das außerordentliche Unterfangen des Essays von den Balladen, wie schön sie immer erscheinen mögen, nicht abgegolten werden kann.“ Noch dazu sie so schön sind.
Alfredo Bauer schreibt über Hacksens Goehte-Bild, bei welcher Gelegenheit er blanken Stuß, an dem Hacks nicht arm war, zitiert: „Der Starke unterscheidet sich vom Schwachen“, meint Hacks, „durch seine Unfähigkeit, lange Zeit sauer zu sein.“ Weiter im Stuß: „Kunst lebt von den Fehlern der Welt.“ Das ist der peinlichen Unkenntnis Hacksens geschuldet, der die wunderbare Beschreibung eines Theaterfestes auf den Gilbert-Inseln von Stevenson gesehen hat. Dort gab es keine Fehler im Sinne von Hacks. Und: „In seinen theoretischen Schriften legt Hacks einen reichen Schatz von tiefer Kenntnis und Weisheit dar.“ Gerade da tanzt Hacks mit brilliantem Witz von Irrtum zu Irrtum und von Stuß zu Stuß.
Jens Mehrle stellt fest, dass Hacks bei seinen Überlegungen zu einer „postrevolutionären Dramaturgie“ neben Hegel sich auch auf Lukacs stützt. Um Mehrles und Hacksens Überschätzung von Lukacs zu entgegnen, sei nur auf vie eklatante Irrtümer von Lukacs gezeigt. Keller konnte nach Lukacs nur kleine Sachen schreiben, weil er in einem kleinen Land lebte. Was schon deshalb Unsinn ist, da Keller lange Zeit in dem großen Deutschland lebte. Brecht hat er völlig ignoriert. Dagegen Solschnizyn als Wiedergeburt der sozialistischen Literatur gefeiert. Und schließlich erklärte er zitierbare Literatur für nicht mehr möglich, da die Welt zu verwickelt geworden sei, um sie derart verkürzt darstellen zu können. Nun habe ausgerechnet ich die Zitierbarkeit zu einer nie gekannten Höhe geführt, indem ich die meisten kurzen Genres produziere, aber auch in den „langen“ literarischen und wissenschaftlichen Genres die Zitierbarkeit zum modernen Qualitätsmerkmal mache. Und endlich verstößt Mehrle mit Hacks eklatant gegen den von mir in Punkt 2 dargestellten wirklichen Geschichtsprozess.
Johannes Oehme verteidigt Hacks gegen die bürgerliche Einvernahme: „Hacks ist Klassiker des Sozialismus“ und macht den positiven Unterschied von Hacks zu Brecht deutlich. Die „historisch-ästhetische Mission Brechts war eine andere als die Hacks’“.
Georg Fülberth beschäftigt sich hauptsächlich mit den „Drei Dramoletts“ von Hacks und macht sie verständlicher und ihre Aufführbarkeit abwägbar. Wobei er mit dem Satz „Nach Ulbrichts Tod endete für Peter Hacks die Möglichkeit einer sozialistischen Klassik“ ungewollt Hacksens Geschichtsidiotie bloßstellt.
Volker Riedel diskutiert das späte Stück „Numa“ und kommt zu dem Schluß, dass Hacks nach dem „offenkundigen Scheitern der Marxschen Gesellschaftsutopie“ „die einzige Lösung in der Errichtung der Diktatur ... der Stalinschen Selbstherrschaft“ sieht. Erstens ist nicht Marxens „Utopie“ gescheitert, sondern die Stalins. Und zweitens ist „Stalins Selbstherrschaft“ keine Lösung, sondern ein Verbrechen. Kann man dümmer oder schlimmer irren?
Arnold Schölzel macht „Eine Anmerkung“ zu dem Verhalten der Medien und dem Verhältnis von Hacks zu den Medien. Das ist mit wohltuender Sachlichkeit geschrieben. Eben deshalb verlässlich und informativ.
Gisela Steineckert hingegen verrenkt sich buchstäblich, also in Worten, um ihre Vergötterung von Hacks in möglichst Hacksscher Brillianz kundzutun. „Hacks-Renaissance ... ich zweifle nicht an ihr, schon deshalb nicht, weil ich nicht sehe, dass jemand von Größe nachwächst.“ Demnach gäbe es, wenn Gisela was nachwachsen sähe, keine Hacks-Renaissance. Aber „ich denke noch heute, dass Hacks schneller war als andere“.
Eberhard Esche hat wohl das Schönste über Hacks und sein Verhältnis zu ihm geschrieben. Obwohl er mit Hacks die Überbewertung Ulbrichts teilt. (Für Ulbricht war Demokratie ein hässliches Fremdwort, weshalb ihm das NÖS zur Verbürokratisierung misslang .) Und obwohl Esche zweimal die Zusammenarbeit mit mir verweigerte, da ihm mein Verhältnis zu Hacks zu kritisch war, weshalb ich ihm böse sein dürfte, gefällt mir sein Beitrag am besten.
Hans Heinz Holz lobt Hacksens „Parteinahme für den Kommunismus“, womit er sich dessen Parteinahme für Stalin anschließt, wogegen er den „Slogan“: „Eine bessere Welt ist möglich“ heftig verurteilt. Da man nur für eine bessere Gesellschaft sein könne.
Wenn Möhren gesund sind, kann nach Holz Gemüse nicht gesund sein.
Von ähnlicher Logik ist der ganze Holz.
Kurt Gossweiler ist ein lügnerischer Zyniker, der sich die Geschichte zurecht lügt, um Stalins Massenmorde zu rechtfertigen. Folglich beschimpft er Chruschtschows Geheimrede auf dem XX. Parteitag als verleumderisch und verlogen und verunglimpft Brecht: „Brechts oben zitiertes Gedicht ist in der Tat der in wenigern Zeilen zusammengefasste giftigste Kern von Chruschtschows Stalin-Verdammungsrede.“ Und schließlich die unvermeidliche, dumme und hilflose Verleumdung: Chruschtschow als „plumper Narr“ in einem Gedicht von Hacks: „Er tat es seinem Gebieter in Washington zulieb.“ So blöd konnte Hacks sein. Und Gossweiler, indem er Hacks genüsslich zitiert.
Peter Hacks schreibt in einem Brief an Harich über dessen Jean-Paul-Buch ziemlich Unverbindliches, auch an Johannes Oehme.
Zum Beispiel: „Wenn es eine Zeit gab, wo es überflüssig war, Geschichte zu bewerten, war es die um 1800. Jeder hatte Recht mit dem was er tat, und jeder Unrecht.“
Peter Schütze schreibt über die Bedeutung von Hacksens Stücken.
Da habe ich mir nichts Bedeutendes gemerkt.
Zum Schluß: Hacks ist gewiß ein Genie, ein wunderbares Genie. Seine Irrungen sind gewöhnlich nicht genial. Beides in einer Person gibt die Gelegenheit, sich an Hacks zu blamieren, auch Gelegenheit für Hacks.
Ein Trick von Hacks, im Grunde sein Schreibtalent ist es, dass der Leser oder Hörer, wenn er Hacksens Witz versteht und darüber lacht, sich geschmeichelt fühlt, weshalb er gern lacht. Hacks hatte aber nur Witz oder Humor, keine Heiterkeit. Heiterkeit ist von sozialem Gemüt.
Ist ein Mensch nicht einfach, so nimm ihn eben zweifach.

Diese Rezension ist keine allseitige Bewertung von Peter Hacks, sondern eine Kritik des Topossonderheftes

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Heuchelei gleich Meuchelei
März 2005

Auf die Aufforderung von Klaus Steiniger, in seiner Zeitschrift „Rotfuchs“ einen Meinungsstreit zu beginnen, habe ich den folgenden Beitrag angeboten, obwohl ich die Aufforderung für pure Heuchelei hielt.
Wie komme ich zu diesem Urteil?
Die Linken teilen sich heutigentags weltweit (abgesehen von den zwischen den Lagern herumirrenden wirklichen Linken) in zwei Lager. Das sind einerseits die Reformisten, die die Illusion verbreiten, daß der Kapitalismus reformierbar sei. Denn diese Illusion legitimiert sie, sich um den wirklichen Einsatz für eine sozialistische Zukunft herumzudrücken. Und andererseits in die „Altgläubigen“, die, mit oder ohne Stalin, sich keinen anderen als den gescheiterten Sozialismus vorstellen können und daher teils die stalinistischen Verbrechen leugnen. Steiniger gehört zu diesem Lager, weshalb er meinen Beitrag brüsk ablehnte. Und das mit dem dem üblen Personenkult entlehnten Argument, daß der von mir kritisierte H. H. Holz der bedeutendste marxistische Philosoph Deutschlands sei und deshalb nicht kritisiert werden kann. Da wird Heuchelei zu Meuchelei - des wirklichen Meinungsstreits. Hier nun der fragliche Beitrag Zwei Anmerkungen zu Hans Heinz Holz
Erstens: In seinem Jubiläumsartikel zu Stalins 120. Geburtstag rechtfertigt Holz in der UZ Stalins Massenmorde u.a. mit Stalins dümmsten und schlimmsten „Argument“, nämlich „daß nach dem Sieg des Sozialismus in einem Lande sich der Klassenkampf verschärfen würde“ und lobt diesen konterrevolutionären Zynismus auch noch als „richtige“ Voraussage. Stalin wollte damit im Vorhinein die Ermordung des leninschen Politbüros legitimieren. Da ist dem guten Holz eine stalinistische Entgleisung unterlaufen. Peinlich?
Zweitens: Holz kann sich dem Kommunismus nicht ohne Geld vorstellen. Da sitzt er mit Robert Kurz im gleichen Mustopf, denn der will den Sozialismus umgekehrt unmarxisitisch durch die sofortige Abschaffung des Geldes retten. Ein „origineller“ ökonomischer Anarchismus. Die nächste Zukunft ohne Geld, dafür entferntere mit Geld. Zwei hübsche Albernheiten. Kommunismus mit Geld bedeutet, gemäß dem Besitz (dem Geld) leben, nicht nach den Bedürfnissen. Damit verneint Holz das Verteilungsprinzip des Kommunismus, was für Marx die höchste Form der individuellen Freiheit und Gerechtigkeit ist, das Kriterium des Kommunismus. Holz schafft den Kommunismus ab, um den Marxismus zu retten. Ei! Ei! Zwei Anmerkungen zu Karl Marx
Erstens: Der springende Punkt der Menschheitsgeschichte ist der Übergang von der Vorgeschichte der Menschheit zu ihrer eigentlichen Geschichte (von der Urgesellschaft und Klassengesellschaft zum Sozialismus/Kommunismus). Dieser Übergang entpuppt sich als großes historisches Dilemma, nämlich als Widerspruch zwischen Größe der historischen Aufgabe und Erbärmlichkeit der Voraussetzung, des von mehr als zweitausend Jahren Klassengesellschaft dermaßen verdorbenen Menschen, daß er zur Errichtung des Sozialismus völlig unfähig ist. Daher sind die ersten Revolutionen unvermeidlich Unterforderungen der Geschichte. Folglich sind mehrere Revolutionen nötig, um die Reife zu erlangen, den Sozialismus/Kommunismus errichten zu können. Von diesem historischen Dilemma hatte Marx keinen hinreichenden Begriff.
Zweitens: Seit Aristoteles kennt die Philosophie zwei Triebkräfte. Die Schubkraft und die Zugkraft. Die Schubkraft des Sozialismus/Kommunismus ist der Kapitalismus. Was aber ist die Zugkraft? Die kümmerlichen, spärlichen, teils utopischen teils verqueren Äußerungen von Marx können es nicht sein. Wie auch hätte Marx eine wirkliche Zugkraft darstellen können, wenn er die klassenlose Gesellschaft (der Negation) ableitet? Die Negation der Negation (der Sozialismus/Kommunismus) kann nur aus der Position (Urgesellschaft) und der Negation (der Klassengesellschaft) begriffen werden. Von der Position (den Naturvölkern) aber hatte Marx keine seriöse Vorstellung. Daher ist das Kommunistische Manifest ein Torso (vorn und hinten). Die vollkommene Zugkraft sind die 5 historischen Projektionen, wie ich sie in der „Neuen Weltofferte“ beschrieben habe, nämlich:
1. Das Naturgesetz des Menschen,
2. Die soziale Transfermatik,
3. Das Spiel als Wesen des historisch erwachsenen Menschen,
4. Das Prinzip Gleichheit und
5. Das System Heiterkeit.
Die zwei Punkte bezeichnen zwei eklatante Fehler von Marx.
Die einzige legitime Kritik des Marxismus ist seine Fortsetzung.
Wenn Klaus Steiniger glaubt, mit seiner heuchlerischen Aufforderung und der dogmatischen Ablehnung die Kritik an H. H. Holz unterdrücken zu können, muß er von einem stalinistischen Kinderglauben befallen sein.

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Woran stirbt der Kapitalismus
März 2005
An sich selber!
Jede historisch relevante Erscheinung hat die entscheidende Ursache ihres Entstehens und Vergehens in sich selber. Das ist eine marxistische Erkenntnis, die unsere Marxisten allerdings schlechtweg vergessen haben.
Nach ihnen hatte der Kapitalismus sein Ende per Revolution oder durch ökonomischen Kollaps. Das waren gleich zwei Irrtümer.
Das alte römische Reich starb in sich und an sich 300 Jahre lang. Der Kapitalismus ist mehr als ein Reich. Wie lange geht er in sich und an sich unter?
Wann er untergeht, kann keiner sagen, wohl aber können wir sagen, woran er untergeht.
Da ist erstens die soziale Verelendung, die relative und absolute.
Ohne Gegner hat der Kapitalismus ein schweres Handikap. Und der „reale Sozialismus“ war der ideale Gegner. Am wirklichen Sozialismus wäre er gescheitert, der „reale Sozialismus“ zwang ihn akkurat zu den ihm dienlichsten Verhalten, zur sozialen Marktwirtschaft, zum „Sozialstaat“. Mit dem Wegfall des „realen Sozialismus“ ist der Kapitalismus auf sich selber zurückgefallen, und das war das Dümmste, was ihm passieren konnte. In seiner Dummheit hat er sich den Terrorismus zum Gegner erkoren.
Und das ist Selbstmord auf Raten, denn der Terrorismus zwingt ihn nicht zur sozialen Marktwirtschaft, zu einem seinem Wesen fremden Verhalten. Im Gegenteil kostet er ihn immer mehr Geld, als es der Rüstungsindustrie Gewinn bringt. Das ist der Gegensatz vom Irakkrieg zum Vietnamkrieg.
Wenn der Kapitalismus aber nicht mehr zur sozialen Marktwirtschaft gezwungen wird, wenn er den Reichen gibt, was er den Armen nimmt, trocknet er die Kaufkraft aus und stranguliert den Binnenhandel (und die kulturelle Kreativität). Das ist wieder Selbstmord auf Raten, denn der Binnenmarkt ist das Standbein des Kapitalismus. Die verringerte Kaufkraft einerseits und die steigende Arbeitsproduktivität andererseits verursacht jedoch nicht mehr eine Überproduktion von Konsumgütern. Denn der Profit wird nicht mehr als Investition eingesetzt, sondern wandert als „vagabundierendes“ Kapital auf die Finanzmärkte. Anders gesagt, es wird in Unmengen überschüssiges Geldkapital produziert. Indem aber das überschüssige Geldkapital der Kaufkraft und der Investition entzogen wird, ist das ebenfalls ein Selbstmord auf Raten. Und wenn die immer größer werdende Blase des vagabundierenden Kapitals einmal platzt, da es keine reelle Deckung hat, weiß keiner, was geschieht, denn dagegen gibt es keine systemimmanenten Regularien.
Wenn der Profit aber nicht mehr investiert wird, entsteht statt der zyklischen (temporären) Arbeitslosigkeit die strukturelle (ständige) Arbeitslosigkeit, was wiederum einen Verlust an Kaufkraft und Produktivität zur Folge hat. Ein weiterer Selbstmord auf Raten. Von dem ungeheuren Verlust der Potenzen der Dritten Welt ganz zu schweigen.
Der schließliche Selbstmord aber ist die Zerstörung der natürlichen Umwelt. Damit vergeht sich der Kapitalismus an dem ehernen Gesetz der Einheit von Mensch und Natur. Diese Zerstörung bedeutet die zunehmende Reduzierung der Kapitalverwertung, ihrer natürlichen Bedingung. Die Kapitalverwertung ist aber der Lebensnerv des Kapitalismus.
Der Kapitalismus schafft sich nicht primär im Proletariat den eigenen Totengräber. Er ist primär sein eigener Totengräber.
Die Revolution kann nicht den Untergang des Kapitalismus bewirken, aber sie kann nachhelfen, um den zunehmenden Irrationalismus des Kapitalismus zu bändigen und den wirklichen Sozialismus zu konzipieren. Aber da müssen die Linken aus ihrer gegenwärtigen Verblödung herausfinden.
Die Revolutionen an den Peripherien, wie seinerzeit in Rußland oder Cuba und Venezuela könnenden Kapitalismus nicht überwinden. Sie haben bestenfalls die Kraft, sich selber zu erhalten
oder den Irrweg von China zu gehen.

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Wer ist das?
Februar 2005

Gehard Branstner ist
Der bedeutendste Dichter
der Jetztzeit

Der Beweis:
B. hat über 60 Bücher geschrieben. In ihnen sind mehr als 30 unterschiedliche Gattungen (Genres) präsent. Damit ist er der universellste Dichter aller Zeiten. Goethe hat nicht ein Drittel aufzuweisen. Vor allem sind es die schwierigsten wie der grobianische Renaissanceroman, der Spruch, die Tierfabel, die utopische Lügengeschichte, das Volkslied, die orientalische Anekdote usw. Der Universalität der Genres entspricht die Universität der Themen.
Wichtiger als die Universität ist aber die Heterogenität. B. ist nicht der heterogenste, er ist der einzige wirklich heterogene Dichter.
Wer sonst schreibt Krimis und zugleich zarte Liebeslieder, utopische Anekdoten und zugleich Renaissanceromane, Kalendergeschichten und zugleich Tierfabeln? Und diese auch noch als Weltrekord? (In wenigen Jahren eine Auflage von über 100.000).
Das Wichtigste aber ist die mit der Universalität, Heterogenität und Themenvielfalt gegebene, in sich geschlossene Welt. Und trotz des unerschöpflichen Schatzes von Weltweisheit, trotz des philosophischen Tiefsinns sind Branstners Bücher durchweg Kinderbücher. Auch Kinderbücher.
Wer das begreift, hat B. begriffen.


Gehard Branstner ist
Der bedeutendste Denker
der Jetztzeit

Der Beweis:
B. hat über ein Dutzend wissenschaftliche Bücher geschrieben. Sie enthalten die Begründung von 8 Wissenschaften. Das sind

1. Das Naturgesetz des Menschen
Das ist die Neufassung, Erweiterung und Vertiefung von Darwins Gesetz der Anpassung zum Gesetz der Einheit von Mensch und Natur, das den von Marx entdeckten Gesetzen übergeordnet ist, sie zu seiner Funktion macht.

2. Das Gesetz der sozialen Transfermatik
Das ist die Entdeckung des Gesetzes, das die klassenlose Zukunft der Ökonomie der Klassengesellschaft überlegen macht.

3. Die Gegenwelt
Das ist die Entdeckung der historischen Elemente, die in Ihrer gesetzmäßigen Kausalität den Übergang von der Vorgeschichte zur eigentlichen Geschichte der Menschheit notwendig und möglich, machen.

4. Das Spiel
Das ist die Entwicklung des Wesens des historisch erwachsenen Menschen.

5. Das Prinzip Gleichheit
Das ist das Gesetz des absoluten Humanismus.

6. Das System Heiterkeit
Das ist die Religion der Atheisten.

7. Die Lebenskunst
Das ist die Erkenntnis der Bedingungen der menschlichen Harmonie.

8. Die Kunst
Das ist die Erkenntnis der Funktion der eigentlichen Kunst als Vorahmung des Spiels mit der Wirklichkeit.

Das ist die erstmalige Darstellung des menschlichen Wesens von der Natur bis zur Kunst. Damit setzt B. den Marxismus fort. Diese Fortsetzung des Marxismus auf anderem Wege und in anderen Dimensionen ist die einzige legitime Kritik des Marxismus. Und sie bedeutet eine völlige Neubewertung der menschlichen Geschichte.


Gehard Branstner ist
Der bedeutendste Theatermacher
der Jetztzeit

Der Beweis:
B. vereint erstmals den Dramatiker, Wissenschaftler und Regisseur.

1. Die Dramatik
Das sind Possen, Clownspiele, komische Opern, Musicals, satirische Grotesken, Singspiele, Komödien mit Musik, Literarisch-musikalische Revuen, Lustspiele, utopische Komödien, Kabarettopern.

2. Die Theaterwissenschaft
Was bisher vorgab, Wissenschaft zu sein, ist keine. Statt das Theater zum Gegenstand zu nehmen, nimmt sie nur die Stücke zum Gegenstand (Münz). Statt die Wiederholbarkeit, die Entwicklung von Theater zum Gegenstand zu nehmen, nimmt sie nur einmalige Ereignisse zum Gegenstand (Penka). B. nimmt das Theater als Institutionalisierung von Theater zum Gegenstand. Als eine spezielle Linie der sozialen Vererbung. So macht er feststellbar, daß die drei wesentlichen Höhepunkte der Theatergeschichte, das von R. Stevenson beschriebene Theater auf den Gilbert-Inseln, die Commedia del’arte in Italien und das Theater Brechts zunehmend an mangelnder sozialer Vererbung litten. Die Commedia hatte schon die menschliche Universalität verloren, war aber „offenes“ Theater (kreative Einbeziehung des Publikums), wogegen bei Brecht diese demokratische Funktion verloren gegangen war, es war zum bürgerlichen („disziplinierten“) Theater reduziert.

3. Die Regie
B. stellt das „offene“ Theater, jetzt aber auf dem Niveau der geistigen Lufthoheit, wieder her, indem er das Stück nicht nur als Spielzweck und Spielmittel, sondern als Spielobjekt auf die Bühne bringt. Damit macht B. das Stück vom Zweck des Theaters zu dessen Mittel, den Schauspieler zur konstitutiven Instanz und das Publikum zum aktiven Teilhaber und stellt damit die Demokratie des Theaters wieder her.
D.h.: B. schreibt und inszeniert von der Position des Publikums aus.

Während die Regiemethoden Stanislawskijs, Reinhardts und Brechts ihr Ende hatten, ist die Regiemethode Branstners ewig entwickelbar.
Seine oberste Devise ist:
Die totale Heiterkeit ist der Sinn des Lebens und der Zweck der Kunst.
Also muß der Ernst dialektisch aufgehoben werden.
Und das hört nie auf.


Wer diese Darstellung* für übertrieben hält, irrt gleich zweimal.
Erstens enthält sie nur Fakten, und Fakten können nicht übertreiben. Und zweitens untertreibt sie gewaltig, denn sie beschreibt nur ein Drittel von Branstners Lebenstätigkeit. Diese reicht vom Komponisten über den Choreographen, Buchgestalter, Werbetexter, Requisiteur, Architekten, Tischler, Bootsbauer bis zum Erfinder.

* „Wer ist das?“

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Die Narrenschaukel
Januar 2005

Toller Erfolg der Narrenschaukel!
Das Theater der unbotmäßigen Heiterkeit.

Wollen Sie diesen wunderbaren Theaterabend nochmals oder erstmals erleben?

Wollen Sie den letzten Hinterhofgeiger hören?
Wollen Sie Faust Eins und Zwei in drei Minuten abhandeln?
Wollen Sie wissen, weshalb ein Toter nicht zum Leben erweckt wird?
Wollen Sie einen Geschlechtsverkehr als Lied genießen?
Wollen Sie 2 mal das Ende einer großen Liebe genießen?
Wollen Sie erleben, wie ein Förster vom Wilddieb, der Wilddieb vom Gendarm, der Gendarm vom Räuber und der Räuber von seiner Liebsten umgebracht werden?
Wollen Sie den Selbstmord eines Seitenspringers erleben?
Wollen Sie über den Krieg lachen, daß es Ihnen kalt über den Rücken läuft?
Wollen Sie mit Mickiklaus in den Orient entführt werden?
Wollen Sie Ihren Blinddarm in Köpenick begraben?
Wollen Sie erleben, wie man bis zum Umfallen tanzt?
Wollen Sie den verrücktesten Zungenbrecher hören?
Wollen Sie hören, wie ein sächsischer Dorftrottel ein trauriges Liebeslied singt?
Wollen Sie erleben, wie ein Rabe als Dirigent von Kühen besiegt wird?
Wollen Sie erfahren, wie die kleinen Arschkriecher entstehen?
Wollen Sie die totale Aufhebung des Ernstes in Heiterkeit erleben?

Wollen Sie die neue Art Theater erleben?

Dann kommen Sie am 12. 2. oder am 12. 3. um 20.00 Uhr ins Zimmertheater Karlshorst, Treskowallee/Ecke Dönhoffstraße und sehen Sie sich

Die Narrenschaukel an!

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Was kommt nach Brecht?
Januar 2005

1. Brecht hatte keine Ahnung von den Naturvölkern, dem italienischen Volkstheater des 16. und 17. Jahrhunderts und vom Kommunismus. Das sind drei wesentliche Formen unseres Menschentums. Wir indessen besitzen die geistige Lufthoheit über diese Welt.
2. Vieles an Brecht ist ohne seine Aversionen gegen Reinhardt nicht zu erklären. Wir haben keine bestimmte Aversion, wir sind gegen alles, weil wir nichts ungenutzt lassen. (Du hast nichts begriffen, solange Du nichts dagegen hast.)
3. Brecht war nur gegen den Kapitalismus, das war zu wenig. Wir haben uns von dieser Welt bereits verabschiedet, wir scheiden von ihr in Form der totalen Parodie, der Weltparodie. Die Weltparodie macht die Tür von außen zu.
4. Brecht wollte dem Publikum die Zuschauerkunst beibringen, es von oben nach unten belehren. Darin fiel er in das bürgerliche Theater zurück. Wir stellen das demokratische Theater wieder her. Wir spielen nicht für das Publikum, sondern vom Publikum aus.
5. Brecht hatte nur eine individuelle Heiterkeit. Wir haben die Heiterkeit als gesellschaftliches Gemüt.

Wer zuletzt lacht, lacht allein.

„Bei den Naturvölkern waren Volksbelustigung und Kunst noch eines. In der Klassengesellschaft fielen sie auseinander. Das ist weder der Volksbelustigung noch der Kunst gut bekommen. Ohne das Bewußtsein dieses Vorgangs machen wir eine Winzigkeit von verkehrter Welt zum Maßstab und begreifen nicht, was Kunst, wenn sie mit der Volksbelustigung wieder eines ist, sein kann - was Theater eigentlich ist.“
Aus Gerhard Branstner „Das eigentliche Theater“, Seite 141 letzter Absatz.

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Merkmale des modernen Welttheaters
23. 2. 2004

1.   Das Thema
(Das ist der große Gegenstand. Der setzt sich zusammen aus dem sinnlichen Inhalt, dem wesentlichen Inhalt, d.i. die Verneinung der Verwaltung des Menschen durch den Menschen und dem allgemeinen Inhalt, der sozialen, der historischen Heiterkeit.)
2.   Die Philosophie
(Das ist die gleichnishafte Tiefe des Gedankens.)
3.   Die Identität von Ernst und Heiterkeit
(Das ist die dialektische Aufhebung des Ernstes in Heiterkeit.)
4.   Die Heterogenität
(Das ist die spielerische Verbindung von widerstrebenden Elementen im Stoff, in der Auffassung und in der Darstellung.)
5.   Die Sprache
(Das ist ihre klassische Klarheit und Schönheit.)
6.   Das Menü
(Das sit der Theaterabend als Gastlichkeit mit mehreren Gängen: Vorspiel, Stück, Dessert und verschiedenen Einlagen.)
7.   Die Spielwiese
Das sind einmal die drei Ebenen des Theaters. Erstens das Stück als Spielzweck (die „Botschaft“), zweitens

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Die Welt
als Ganzes, von Anfang bis Ende

20. 2. 2004
I. Der Mensch als Naturwesen
Der Mensch ist ein gesellschaftliches Wesen nur, um das höchste Wesen der Natur zu werden.
Die Großartige Entwicklung des Menschen vom Naturwesen über sein gesellschaftliches Wesen zum höchsten Wesen der Natur ist nur die Verwirklichung des von Hegel entdeckten Gesetzes der Negation der Negation. Diese Dreistufenfolge offenbart uns den „Sinn“ unseres Daseins.
Die erste Stufe sind die aus dem Tierreich entstammenden Naturvölker. Ihr Wesen ist noch natürlich, ihre Anpassung an die Natur noch wesentlich dem Tier gleich, nämlich direkt, zum Beispiel als Nomaden. Und die Arbeitsteilung hat nicht erst der Mensch erfunden. Wir finden sie schon bei den Bienen und Termiten vor.
Aber enbenso verwirklichen die Naturvölker ihre menschlichen Besonderheiten, indem sie das tierische Verhalten auf höherer Ebene fortsetzen. Das Spiel, womit die Katze das Mäusefangen übt, wird zur Kunst, und die Kunstgegenstände sind zugleich Gebrauchsgegenstände und die Gebrauchsgegenstände sind zugleich Kunstgegenstände (Eva Lips); das Gerichtsverfahren wird zum Singewettstreit (Fridtjof Nansen); die Arbeit zum Sport (Georg Catlin); die Verläßlichkeit zur Basis aller Sittlichkeit (Knud Rasmussen); die Heiterkeit zum Lebenssinn (Herman Melville und Robert Stevenson).
Die Natürlichkeit und die Menschlichkeit der Naturvölker sind in ihrer dialektischen Einheit bis heute nicht begriffen. Ohne ihren Begriff ist jedoch die Negation der Negation nicht denkbar.
Die Idealisierung (Schiller), die Diffamierung (King Kong) und die Ignoranz (Marx) prägen bis heute das Urteil über die Naturvölker.

II. Der Mensch als gesellschaftliches Wesen
Die zweite Stufe der Negation der Negation ist nicht nur die Verkehrung der ersten Stufe, sie ist auch die Herausforderung der dritten Stufe, sie ist in sich schizophren. Ihre positive Seite manifestiert sich in bedeutenden Menschen: Demokrit (heitere Philosophie), die Sophisten (die Wahrheit kann traurig sein, die Weisheit nicht), Epikur (Weisheit des Verhältnisses für von Genuß und Sittlichkeit), Franz von Assisi (Verständnis für die Sprache der Natur), Giordano Bruno (Pionier der freien Geistes), Paracelsus (Dialektiker der Medizin), Diderot (Sensibilität udn zugleich Denkschärfe), Rousseau (zurück zur Natur), Hegel Entdecker der Negation der Negation), Marx (Umwälzung aller bisherigen Denkweise), Lenin (Erster Versuch der Verbindung von Geist und Macht), Schweitzer (Schutz des Lebens als höchste Instanz der Moral), Gandhi (dialektisches Komplement von Schweitzer).
Die Liste könnte noch bedeutend erweitert werden.
Ein weiteres Element der positiven Seite ist die entwicklung der Produktivität. Das ökonomische Wachstum der Menschheit ist nichts als der höchste Ausdruck des natürlichen Wachstums, der natürlichen Bewegung. Was Kopernikus konstatierte, was Darwin ananlysierte, die gewaltigen Bewegungen der Natur finden ihre höchste Energie, ihre potenteste Verkörperung, ihren Gipfel in der gesellschaftlichen Produktion. Diese Produktion, die technischen wissenschaften sind die wunderbarste und mächtigste Form der unendlichen natürlichen Bewegung.
Die Anpassung an die Natur verwirklicht sich in der zweiten Stufe als Anpassung der Natur an den Menschen. Und je höher die Produktivität, desto mächtiger die Potenz der Anpassung der Natur an den Menschen und damit aber auch die Potenz der Vernichtung der Natur. Sobald diese Potenz zur dominierenden Tendenz wird, beginnt der Selbstmord der Gesellschaft.
Jede historische Erscheinung hat die Ursache ihres Entstehens und ihres Vergehens in sich selber. So auch die Klassengesellschaft.
Die zweite Stufe ist charakterisiert durch die Verkehrung der Heiterkeit als Grundstimmung in die Heiterkeit als Grundsehnsucht, in die Verkehrung des Menschen als Zweck in den Menschen als Mittel, in die Verkehrung der Anpassung der Natur an den Menschen als Mittel in die Anpassung als Zweck (Profit), so daß wir 3 Kriterien des gesellschaftlichen Selbstmord haben. 1. die soziale Verelendung in Verbindung mit der sittlichen Verelendung (vor allem in der Form der zunehmenden Heuchelei und Brutalisierung), 2. die militärische Gewalt als generelles Mittel der Globalisierung und 3. der Klimatod. Diese Endzeitkriterien scheinen eine Revolution überflüssig zu machen. Doch erstens kann sie die schlimmsten Untergangsschrecknisse verhindern, und zweitens und vor allem muß sie die Voraussetzungen für die dritte Stufe schaffen. Das verlangt jedoch mehrere Anläufe und mehrere Formen von Revolutionen.

III. Der Mensch als höchstes Wesen der Natur
Der Ethnologe Henri Morgan warnte davor, die Klassengesellschaft (von ihm Zivilisation genannt) zum Maß aller Dinge zu machen. „Die seit Anbruch der Zivilisation verflossene Zeit ist nur ein kleiner Bruchteil der verflossenen Lebenszeit der Menschheit; nur ein kleiner Bruchteil der ihr noch bevorstehenden.“ Ein kleiner Bruchteil kann nicht Maß des Ganzen, er kann nicht einmal Maß seiner selbst sein.
Die Anpassung der zukünftigen Gesellschaft kann nur darin bestehen, daß die Anpassung der Natur an den Menschen die höchste Anpassung an die Natur ist. Darin verwirklichen wir das gesetz der Einheit von Mensch und Natur (das allen von Marx entdeckten Gesetzen übergeordnete Gesetz). Das aber ist nur von einem nicht gespaltenen Menschen zu machen, von einemnicht in zwei Hälften, nicht in Klassen gespaltenen Menschen. Und das setzt das einheitliche Eigentum an Produktionsmitteln, das gesellschaftliche Eigentum voraus.
Wenn der Mensch für seine Anlagen nichts kann, denn sie sind ihm von Geburt mitgegeben. Und für die Verhältnisse, unter denen er die Anlagen entwickelt, auch nichts. Dann ist es unsinnig, ungerecht, unmenschlich, wenn er unterschiedliches, ja entgegengesetztes Eigentum hat, wenn der eine arm und der andere reich ist. Bei den Naturvölkern ist die Nichtverantwortlichkeit für die eigenen Anlagen eine fraglose Selbstverständlichkeit. Daher auch die Selbstverständlichkeit des Gemeineigentums.
Die Negation der Negation bedeutet aber die Wiederkehr der ersten Stufe auf höherer Ebene.
Die auf dem Gemeineigentum beruhende soziale Gleichheit -
Die auf der sozialen Gleichheit beruhende Freiheit -
Die auf der Freiheit beruhende Heiterkeit -
Das auf der Heiterkeit beruhende Spiel
Das ist die gesellschaftliche Struktur, die Lebenspyramide der Naturvölker, aber auch der Menschen auf der dritten Stufe ihrer Existenz.
Die Heiterkeit entwickelt sich gemäß dem Gesetz der Negation der Negation von der Heiterkeit als Grundstimmung über die Heiterkeit als Grundsehnsucht zur Heiterkeit als Grundhaltung, als Philosophie ihrer selbst, als Selbstbewußtheit.
Das Spiel hat die Heiterkeit nicht nur als Voraussetzung, es hat sie auch als Folge.
Das Spiel verlangt die Einrichtung der gesellschaftlichen Wirklichkeit auf das Spiel mit ihr, die Umgestaltung der Gesellschaft zur Eignung, mit ihr zu spielen, was die tiefstgreifende, folgenreichste Revolution, die permanente Revolution ist.
Die Einrichtung der Wirklichkeit auf das Spiel mit ihr macht auch die Arbeit zum Spiel, sie wird zum Gegenstand der Beliebigkeit. D.h. man kann sie haben, wieviel, wann und wie man sie will.
Und der Kunst fällt die Aufgabe zu, Vorahmung des Spiels mit der Wirklichkeit zu sein. Das Theater aber erfährt eine neue Blüte, es wird zur Mutter und Krone aller Kunst, da es die Vorahmung nicht nur im Stück ist, im Text, als Synthese aller Künste, sondern auch in der Spielweise.

Der Bogen unserer historischen Entwicklung ist von ästhetischer Schönheit und von zwingender Logik, von menschlicher Wärme und gedanklicher Größe, von Ferne und von Nähe. Er ist der Bogen, der uns auf höherer Ebene zu uns selber zurückführt.
Die klassenlose Gesellschaft der Zukunft hat nur Sinn als Rückkehr zur Natur, als Heimkehr der endlichen Menschheit in die unendliche Natur, aus der wir kommen und in der wir wieder natürlich werden, als Realisierung des Gesetzes der Einheit von Mensch und Natur. Nur darin ist der Mensch das höchste Wesen der Natur Friedrich Engels sagt: Der Mensch ist die zum Bewußtsein ihrer selbst gekommene Natur. Noch ist er ds nicht, denn das ist die Zweite Menschwerdung.

(Wer das für Spinne hält, muß wenigstens zugeben, daß es eine sehr schöne Spinne ist.)

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Theater der drei Ebenen
1. 2. 2004
Erstens nehmen wir das Theaterstück als SPIELZWECK (Aussage, Inhalt, Botschaft).

Zweitens nehmen wir das Stück als SPIELMITTEL (Handlung, Rolle, Sprache, Situationen, etc.).

Drittens nehmen wir das Stück als SPIELOBJEKT (Spiel mit dem Spiel, um das Stück voll auszutesten, um dem Schauspieler ungewöhnliche Möglichkeiten zu eröffnen, vor allem aber um der Mission des Theaters Ausdruck zu verleihen).
Die Mission unseres Theaters ist die Vermittlung der

unbotmäßigen Heiterkeit.

Das ist zum einen die Vermittlung der Fähigkeit, sich nichts mehr zu bieten, sich nichts mehr gefallen zu lassen. Und zum anderen die Vermittlung einer Heiterkeit, die Überlebensmittel ist. Das ist auf der Theaterbühne unbändige Lust am Spiel. Die Lust der Vorahmung des Spiels der Wirklichkeit.
Die unbotmäßige Heiterkeit ist die Religion der Atheisten.


Sprüche der dritten Ebene

Wer hinten kratzt, wenns vorne juckt, schneuzt sich die Nas, wenns Schwänzlein zuckt.

Wer ein hohes Amt bekleidet, mitunter an den Sinnen leidet.

Dummheit auf der Leiter, klettert immer weiter.

Auch hohe Tiere müssen mal aufs Örtchen, nur tun sie oft so, als schissen sie ein Törtchen.

Der eigene Gestank macht keinen krank.

Schmeichelei ist Aggression auf Knien.

Wird ein Wort aus Angst vermieden, braucht kein Gesetz es noch verbieten.

Die einen reden, wie sie denken, die anderen denken wie sie reden, und manche reden, wie andere denken.

Wo ein Donner grollt, findet ein Fürzlein kein Gehör.

Der Mensch glaubt nur was er sieht. Deshalb sieht er nur was er glaubt.

Manche Frauen glauben nur deshalb an Gott, weil er ein Mann ist.

Die ernstesten Zeiten bedürfen der größten Heiterkeit.

Was nützt uns das physische Überleben, wenn wir psychisch am Ende sind.

Wer zuletzt lacht, lacht allein.

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Der Urknall
1. 2. 2004
Gott
hat nur eine Welt geschaffen
Branstner
deren zwei

Die erste ist eine in sich geschlossene Welt aus Literatur
Die zweite ist eine in sich geschlossene Welt aus Philosophie

Beide sind die endgültige Kritik von Gottes Welt und zugleich die menschenwürdige Gegenwelt

Zwei Welten auf einmal. Das ist ein absolutes Novum in der Weltliteratur

Kafka hat die Befangenheit in der Verwaltung des Menschen durch den Menschen dargestellt
Brecht hat die Befangenheit kritisch durchleuchtet
Branstner hat mit der Entdeckung der ästhetischen Schwerelosigkeit die Befangenheit historisch verabschiedet

Das ist der Urknall der modernen Literatur und Kunst

Die ästhetische Schwerelosigkeit ist der durch die dreifache Aufhebung des Ernstes in Heiterkeit erlangte Schwebezustand zwischen Wirklichkeit und Unwirklichkeit, in dem beides intensiver erlebt wird
In der physikalischen Schwerelosigkeit, dem Zielpunkt aller Physik, könnte der Mensch endlich fliegen wie der Vogel. In der ästhetischen Schwerelosigkeit, dem Zielpunkt aller menschlichen Grundsehnsucht, kann der Mensch endlich leben wie ein Mensch.

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Klartext oder mit Sandsäcken gegen den Kapitalismus
6. 1. 2003
Nach allgemeinem Verständnis ist Klartext die unverschlüsselte Rede, die unverblümte Wahrheit. Das setzt immerhin voraus, dass man die Wahrheit sagen will. Und das man sie sagen kann.

Ich nehme an, dass die Leser dieses Essays die Wahrheit sagen wollen, behaupte aber, dass sie sie nicht sagen können. Weil sie sie nicht wissen. Im Folgenden der Beweis.

Wahrheit ist die Erkenntnis, die aus dem Vergleich entspringt. Erkennen ist Vergleichen. Wenn ein Weißer nach Schwarzafrika kommt, erfährt er, dass der Gott der Schwarzen schwarz ist. Und bei den Itelmenen auf Kamtschatka erfährt er, dass deren Gott ein Clown ist, da die Itelmenen ein Volk von Clowns sind. Also geht ihm die Wahrheit auf, dass nicht Gott die Menschen nach seinem Bilde schuf, sondern umgekehrt die Menschen Gott nach ihrem Bilde. Allein der Vergleich ermöglicht die Erkenntnis und das Einordnen.

Vergleichen ist aber eine Kunst. Die Frage, was mächtiger ist, der Amazonas oder der Mount Everest, wird als unbeantwortbar zu recht abgelehnt. Wenn ich aber frage, was mächtiger ist, der Amazonas oder die Müggelberge, wird jeder ohne Zögern den Amazonas als mächtiger bezeichnen. Ich muß also die richtigen Objekte und das richtige Kriterium wählen.

Was wähle ich für die Fragen, die uns in der Gegenwart bewegen?

Das, lieber Leser, wird Dich verblüffen. Die Gastlichkeit der Eskimo. Die Gastfreundschaft in unseren Breitengraden wird unterschiedlich gelobt, am höchsten die in den ehemals südlichen Sowjetrepubliken. Statt sie zu loben, müsste man sie als Protzerei und Nötigung bezeichnen. Bei den von der modernen Zivilisation noch unberührten Eskimo war folgendes Sitte:

Kommt ein Besucher ins Dorf, stellt sich das Familienoberhaupt vor das Zelt oder die Schneehütte, um dem Gast zu zeigen, dass er besuchsbereite Menschen antrifft. Der vor der Tür stehende Eskimo darf den Gast jedoch nicht einladen, nicht einmal mit einem Zwinkern der Augen, denn das gilt als unerlaubte Nötigung. Tritt der Gast ein, darf ihm nichts angeboten werden, da ja alles auch sein Eigentum ist. Und jemandes Eigentum anzubieten wäre ja irre. (Ich bitte, die Bedeutung des Eigentums zu beachten.) Will der Gast gehen, darf er nicht zu längerem Bleiben aufgefordert werden, denn auch das wäre eine Nötigung. Und will er etwas, was ihm gefällt, mitnehmen, muß er nicht um Erlaubnis fragen, denn es ist ja alles Eigentum des Gastes. Das ist ein wunderbares Verhältnis von Eigentum und schöner Freiheit.

Und ein beschämender Maßstab unserer Gastfreundschaft, wo das Eigentum zur Protzerei und Nötigung oder zur Knauserei führt.

Ein gleichwertiges Beispiel ist die Gerichtsbarkeit der Naturvölker. Bei Fridtjof Nansen kann man nachlesen, dass sie weit vernünftiger als die unsere ist. Während wir uns in der Frage verheddern, ob die Strafe Sühne oder Erziehung sein soll (beides Anmaßungen) ist sie bei den Naturvölkern keines von beiden. Polarforscher waren irritiert, da sie nicht erfuhren, ob sie bei einem Mörder zu Gast waren. Denn ein Mörder wurde nicht als solcher geächtet und fühlte sich daher auch selber nicht als solcher, so dass er keinen Grund sah, einen Gast nicht bei sich aufzunehmen. Dostojewski stellt im „Todenhaus“ noch fest, dass die Dorfbewohner die Insassen des Todenhauses nicht als Verbrecher bezeichneten, sondern als Unglückliche. Da sie schon von der Natur und dann noch von den Gerichten gestraft waren, durfte man sie nicht auch noch ein drittes Mal durch Verachtung strafen.

Ein Missionar, der kürzlich in Namibia gewirkt hatte, berichtete nach seiner Rückkehr empört über das Verhalten einer Schwarzen, die er zum Beichten beordert hatte, die aber auf dem Dorfplatz auf ihn wartete und nicht in die Kirche wollte. Sie verstand nicht, dass sie ihre Sünden heimlich erzählen sollte. Sie wollte ihre Sünden öffentlich bekennen, da sie kein Schuldgefühl hatte. Eine wunderbare Moral. Doch der ignorante Missionar konnte sich noch Monate später über diesen „Starrsinn“ nicht beruhigen.

Das sind nur einige wenige Beispiele wesentlichen menschlichen Verhaltens, die uns als beschämender Maßstab gelten müssen. Und es sind Elemente, die der sozialen Vererbung angehören. Der Mensch ist ja nicht nur Produkt der biologischen Vererbung, er ist nicht nur ein Einzelwesen, sondern auch ein Gattungswesen. D.h. er ist auch Produkt der gesellschaftlichen Übermittlung von Erfahrungen, Meinungen, Geschehnissen aus der Vergangenheit und Gegenwart. Das Ergebnis dieser Übermittlung heißt soziale Vererbung. Durch sie unterscheidet sich der Mensch vom Tier. Im Guten, aber auch im Schlechten. Friedrich Engels stellte fest, dass gegen Ende der Sklaverei in der Politik die Heuchelei Einzug hält. Zum ersten Mal in der menschlichen Geschichte werden die gesellschaftlichen Verhältnisse nicht mehr als narturgegeben verstanden. Und das schlechte Gewissen der Herrschenden gebiert die Heuchelei.

Diese Heuchelei ist die dominierende Moral der ganzen Klassengesellschaft. Eine kurze Unterbrechung erfährt sie nur durch Leute wie Münzer, Lenin und Luxemburg. Obwohl auch sie sich dem Gesetz nicht entziehen können, dass die Geschichte von Menschen gemacht wird, die von der Geschichte gemacht wurden.

Wir kennen die allgemeine Meinung, dass die sittlich-moralische Entwicklung des Menschen der industriell-wissenschaftlichen Entwicklung hinterherhinkt. Doch das ist ein Irrtum, in Wirklichkeit fällt sie hinter sich selber zurück. Der alte Cato, ein angesehener Politiker vor Cäsar, beendete jede seiner Reden mit dem Ausruf: Im Übrigen bin ich dafür, dass Karthago vernichtet wird. (Karthago war damals der gewichtigste Konkurrent Roms im Mittelmeerraum.)

Das war brutale Klassenmoral, aber keine Heuchelei. Hätte Cato seine Kriegsaufforderung mit den verlogenen Argumenten von Scharping beim Jugoslavienkrieg oder Fischer vor dem Irakkrieg paniert, hätten ihn die Kinder ausgelacht. Und was haben die römischen Kriege hinterlassen? U.a. Aquadukte und den Weinanbau, also Menschheitskultur. Und was hinterlassen die kapitalistischen Kriege? Verbrannte Erde.

Der moralisch-sittliche Verfall in der Klassengesellschaft ist eklatant.

Der Verfall hat aber noch andere Formen. Charakteristisch ist die Spaltung in Belehrer und Belehrte. Ob die Kirche oder die Medien, ob der Philosoph oder der Oberlehrer, immer sind die einen die Belehrer und die anderen die Belehrten. Der Sieger belehrt den Besiegten, der Reiche den Armen, der Politiker den Wähler, die Eltern die Kinder. Selbst im Bett geht die Spaltung weiter. Die Belehrung und das Belehrtwerden ist eine Krankheit der Klassengesellschaft, aber ihre Folgen werden von keiner Wissenschaft analysiert oder behandelt. Und um die Schande des Belehrtwerdens nicht einzugestehen, kompensieren die Bekehrten die Peinlichkeit, indem sie die fremde Meinung als die eigene behaupten und die Lügen weiterverbreiten. Auf diese Weise wird die Meinung der Herrschenden zur herrschenden Meinung, wie schon Marx konstatierte. Wie sonst ist die Wahl des Kriegsverbrechers Bush zum Präsidenten der USA zu erklären?

Eines Mannes, der nicht nur für den dauernden Massenmord an unschuldigen Menschen verantwortlich ist. Indem er die Vermeidung des Klimatodes sabotiert, beschwört er die größte Gefahr für die gesamte Menschheit herauf. Die zunehmenden Überschwemmungskatastrophen sind eindeutig durch den Kapitalismus verursacht. Aber statt den Verursacher haftbar zu machen, werden die Sandsackträger gefeiert. Mit Sandsäcken gegen den Kapitalismus. Das charakterisiert den Geisteszustand der Menschheit von heute.

Es ist ein schwerer Mangel des Marxismus, dass er die soziale Vererbung nicht auf ein wissenschaftliches Niveau hebt, ihre Läuterung, Kultivierung vornimmt. Im Besonderen ist die Ignoranz der sittlich-moralischen Eigenschaften der Naturvölker ein schlimmes Versäumnis. Der „Ursprung der Familie...“ von Engels behebt dieses Versäumnis nicht, er zementiert es im Gegenteil.

Das dialektische Gegenstück der sozialen Vererbung ist die historische Vorahmung. Marx, Engels und auch Lenin haben nicht viel über den Sozialismus bzw. Kommunismus gesagt. Man lobt das als bescheidene Zurückhaltung. In Wirklichkeit ist es ein schlimmer Mangel, der ebenso schwer wiegt wie die Ignoranz des Wesens der Naturvölker. Wenn wir nicht wissen, woher wir kommen, wissen wir nicht, wohin wir gehen. Ebenso gilt: Wenn wir nicht wissen, wohin wir gehen, wissen wir nicht, woher wir kommen.

Ohne die historische Vorahmung ist die Kultivierung der sozialen Vererbung nicht möglich. Das Gesetz der Negation der Negation erfasst die Naturvölker (die Urgesellschaft) als Position (als Ausgangsstufe), die Klassengesellschaft als Negation und die klassenlose Zukunft als Negation der Negation. Wenn die ersten beiden Stufen erfasst sind, kann mit zwingender Logik auf die dritte Stufe geschlossen werden. Sind aber die erste und dritte Stufe nicht erfasst, kann die zweite Stufe nur als Torso begriffen werden. Das „Kommunistische Manifest“ ist daher unvermeidlich ein Torso, allerdings ein geniales.

Die beste und höchste Voraussetzung, über unsere Gegenwart, ihre Probleme und Fragen in Klartext zu urteilen, ist die Verknüpfung von sozialer Vererbung und historischer Vorahmung.

Da ich in der „Neuen Weltofferte“ (GNN Verlag Schkeuditz) eine ziemlich vollständige Darstellung der historischen Vorahmung gegeben habe, kann ich hier darauf verzichten. An dieser Stelle sie nur auf eine der schönsten Seiten der Negation der Negation hingewiesen. Eva Lips, eine großartige Ethnologin, konstatiert, dass die Heiterkeit die allgemeine Grundstimmung der Naturvölker ist. Dem Gesetz der Negation der Negation folgend verkehrt sie sich in der Klassengesellschaft in die Grundsehnsucht, um in höherer Stufe wiederzukehren. Wir leben folglich im Schnittpunkt zwischen der Heiterkeit als Grundsehnsucht, oder anders gesagt zwischen der Verernstung in ihrer schlimmsten Entwicklung und der höchsten Stufe der Heiterkeit. Diese Heiterkeit ist aber Voraussetzung, weil Wesen der klassenlosen Gesellschaft. Die Verernstung hat ihren höchsten Punkt erreicht, die Brutalisierung mit der ständigen Tendenz zum militärischen Massenmord. Wie soll aus dieser Verernstung die höchste Heiterkeit entstehen?

Ein einmaliges, ungeheures Dilemma der Weltgeschichte, ein historisches Dilemma von extremen Dimensionen. Eben das ist der Punkt, an dem wir stehen. Begreifen wir dieses Dilemma, ist die Welt durchschaubar, können wir Klartext reden.

Die Klassiker des Marxismus haben nicht nur die soziale Vererbung der Naturvölker betreffend, nicht wahrgenommen. Ein ebenso schwerer Mangel ist die fehlende Wahrnehmung der historischen Vorahmung. Und daher die fehlende Wahrnehmung des historischen Dilemmas. Das erklärt, dass die Durchschaubarkeit der Welt mit dem bisherigen Marxismus allein nicht möglich ist.

Um die Aufgabe in noch gesteigerter Schwierigkeit zu verdeutlichen, einige Konkretisierungen.

Der Zerfall des „realen Sozialismus“ hat ein trauriges Erbe hinterlassen. Da sind einerseits die im wesentlichen dem gescheiterten Sozialismus Verhafteten, von mir „Altgläubige“ genannt, und andrerseits die Opportunisten, die ich Reformisten nenne, die vor allem mitregierungssüchtig sind, weshalb sie alle wirkliche Opposition tunlichst vermeiden, um nicht regierungsunfähig zuu erscheinen.

Die Sprache der Opportunisten, der Hierarchie der PDS, ist eine spezielle Heuchelei. Anpassung heißt Opposition, Revisionismus heißt Erneuerung, weniger Sozialismus heißt mehr Sozialismus, durchlöcherte Friedenspolitik heißt Friedenskampf usf.

Übrigens ist die Hauptkrankheit der Linken nicht ihre Zerstrittenheit, sondern ihre Selbstgenügsamkeit. Jeder weiß alles besser, wozu streiten?

Klartext heißt den Punkt zu treffen, wo es weh tut, und so weit zu gehen, dass es weh tut. Beide Effekte sind Kriterien des Klartextes. Und das in der Sache und in der Person. Die Wechselwirkung zwischen Person und Sache verlangt das.

Der Philosoph Ludwig Feuerbach sagt, wer die Fackel der Wahrheit durch die Menge trägt, wird manchen Bart versengen. Richtiger ist, dass er Spießruten läuft und von allen Seiten Haue kriegt. Das geht mir seit 40 Jahren so, erst kürzlich wieder in der PDS.

In einem Zeitungsartikel habe ich das Abgleiten der PDS in die Verbürgerlichung kritisiert und die dafür verantwortlichen Genossen satirisch charakterisiert; so Gregor Gysi als Eitelbeule und Lothar Bisky als Mehrwegflasche. Das tat weh. Und prompt flog ich aus der Partei. Nicht bessere Einsicht sondern die Welle der Empörung, die der Rausschmiss auslöste, bewog die höhere Schiedsinstanz, den Rausschmiss aufzuheben. Dabei waren Eigelbeule und Mehrwegflache noch Nettigkeiten, gemessen an dem Schaden, den die beiden angerichtet hatten.

Klartext verlangt manchmal auch Stehvermögen, Mut und Voraussicht.

Die Geschichte, sagte ich, wird von Menschen gemacht, die von der Geschichte gemacht wurden. Da gibt es keine Ausnahme, aber Unterschiede, beispielsweise zwischen Lenin und Stalin. Auch Dimitroff macht keine Ausnahme, wenn er während des Reichstagsbrandprozesses die Alternative „Hammer oder Amboß“ sein stellt. Auch wenn er sich da auf Goethe bezieht, mach das die Falschheit dieser Alternative nicht besser. Die Klassenmoral, die die Menschen in Schläger und Geschlagene unterteilt, macht selbst hochkultivierte Sozialisten befangen.

Da war doch die italienische Volkskomödie, die Commendia dell’arte unbefangener. Ihre Hymne lautete: Wir wollen sein nicht Herr noch Knecht. Ein anderes Beispiel für die Klassenmoral ist die Bescheidenheit. Diesen Widersinn haben die unterdrückten Klassen nicht erfunden. Aber ausgerechnet sie allein sollen ihn befolgen. 3 mal 3 ist 7, sagte der Bescheidene. Und dafür wird er auch noch gelobt. Klartext ist vielmehr, wenn jeder das sagt, was er von sich hält, nicht mehr, aber auch nicht weniger.

Klartext setzt voraus, dass ich unbedenklich sein kann, dass ich nicht bedenken muß, was der andere mir aus meiner ehrlichen Rede für eine Schlinge dreht. Leben wir in einer Welt, wo wir unbedenklich sein können?

Und doch ist mir unbedenklich das schönste Wort.

Klartext ist eine hohe Kunst. Wir können sie in dieser Welt nur mühsam erlernen. Aber wir sollten uns immerhin bemühen.

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